Schulentwicklung mit Corona als Change-Agent

Die Schulzimmer sind geschlossen, doch die Schulen bewegen sich – jetzt erst recht!

Und auf einmal bewegt sich was. Auf einmal wird aus Widerstand eine produktive Reibungsfläche, auf einmal bewegen sich alle aus ihrer Komfortzone hinein in die Stretchzone und auf einmal wird aus dem eigenen Gärtchen das gemeinsame Boot. Wie schafft Corona das? Was können Schulleitungen und Beratungspersonen von diesem Change-Agent lernen? Yanick Forcella, an Basler Schulen als Organisationsberater für digitalen Wandel unterwegs, reflektiert darüber in diesem Blogbeitrag.

Top-Down: Eine klare Sache

Corona spricht Klartext. Sowohl die Notwendigkeit als auch die nächsten Schritte sind sofort verständlich. Die Kurve muss runter, die Schule wird geschlossen. Es gibt keine Ausreden, kein Feilschen, keine Extrawurst. Es ist, wie es ist. Friss oder stirb. – So hart dies zunächst klingen mag, so erleichternd ist es doch auch: Corona hat einen Rahmen definiert. Einen Rahmen, der aus einfachen und einleuchtenden Regeln besteht. Einen Rahmen, den wir verstehen können und wissen, dass ihn auch die anderen verstehen. Einen Rahmen, auf den wir uns wirklich verlassen können, weil er konsequent durchgesetzt und eingehalten wird. Ein solch verlässlicher Rahmen ist das Grundgerüst eines erfolgreichen Entwicklungsprozesses. Jeder kann sich an diesem Gerüst festhalten und weiss, es bricht nicht weg. Es gibt uns Sicherheit und Halt, denn es gilt.

Bottom-Up: Alle für einen und einer für alle

Was wir oft vergessen ist, dass es auch innerhalb eines Rahmens unendlich viele Möglichkeiten gibt. Denn «unendlich viele» heisst nicht «alle». «Alle» würde eine beschränkte Anzahl voraussetzen, doch diese Beschränkung gibt es bei der Unendlichkeit nicht. Dies ist kontraintuitiv, weil der Rahmen eine Beschränkung darstellt. Innerhalb des Rahmens, gibt es aber keine Beschränkung! Das «Was» ist klar: Fernunterricht. Das «Warum» ist ebenfalls klar: #flattenthecurve. Doch das «Wie» ist völlig offen. Niemand beansprucht zu wissen, wie das richtige «Wie» ist. Es gibt keine Norm, keine Best-Practice, keinen Standard. Die einzigen Normen sind zurzeit Ungewissheit und Offenheit. Dies kann äusserst beflügelnd wirken: Denn wo es kein Richtig und Falsch gibt, da gibt es auch kein Versagen. Alles ist möglich, alles ist erlaubt, solange es ein aufrichtiger Versuch ist und man sein Bestes gibt. Und ist das nicht der Inbegriff einer motivierenden Lernumgebung?

Corona hat uns die Normen und Standards weggenommen, die unsere Werkzeuge waren um andere zu beurteilen und damit auch die Angst erzeugten, verurteilt zu werden. Diese Angst gibt es in diesem Rahmen nicht mehr und so können wir alle unbesorgt, transparent und offen unser Bestes geben, herumexperimentieren, scheitern und lernen. Wir lernen einander kennen und wir lernen einander zu verstehen und wenn wir einander erst verstehen, dann werden auch die zurückgekehrten Normen nichts mehr daran ändern, dass wir einander nicht verurteilen – denn wir verstehen uns.

Was Corona nicht kann: Nachhaltigkeit sichern

Corona hat uns alle in dasselbe Boot geworfen, uns ein konkretes gemeinsames Ziel gegeben und eine gemeinsame Aufgabe, die wir nur zusammen lösen können. Dieser gemeinsame Sinn eint uns. Doch es ist bereits jetzt klar, dass dieser Sinn nicht für immer da sein wird. Die Frage ist also nicht zuletzt: Was nehmen wir mit? Sicherlich ist es erstrebenswert, die erlernten Verhaltensweisen und Techniken im Nachhinein mit reflektierter Distanz zu sortieren und gegebenenfalls bewusst weiterzuführen. Doch ich würde Sie gerne dazu ermutigen, vor allem auch die Prinzipien mitzunehmen, nach denen wir unter Corona arbeiten und wirken. Das Prinzip, einen gemeinsamen Sinn zu verfolgen; das Prinzip, einen klaren Rahmen zu definieren und das Prinzip, innerhalb dieses Rahmens offen zu sein, Neues zu wagen, sein Bestes geben und uns gegenseitig nicht zu verurteilen, sondern zu verstehen, um voneinander zu lernen und uns miteinander weiterzuentwickeln.

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